Projekte und Herausforderungen der Zukunft - der kommunale Haushalt 2024

Veröffentlicht am 14.12.2023 in Fraktion

Der Haushalt 2024 ist beschlossene Sache. Im Vergleich zu ähnlich großen Kreisstädten im Rhein-Neckar-Kreis steht Schwetzingen seh gut da. Trotzdem warten ab nächstem Jahr große Aufgaben auf die Stadt, die auch finanziert werden müssen. Daher schaut die SPD-Fraktion auch über das Jahr 2024 in die Zukunft. Und dann ist da ja noch die Art und Weise, wie der Haushalt geführt wird: die aus der BWL kommende, aber für die öffentlicher Hand stark modifizierte Doppik (doppelte Buchführung). In seiner Haushaltsrede bringt Fraktionsvorsitzender Robin Pitsch den Haushalt 2024 auf den Punkt, bzw. auf sieben Punkte.

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
sehr geehrte Mitgemeinderät*innen,
sehr geehrte Herren Ober- und erster -bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,

Zum Haushalt 2024 will ich unsere Sicht der Dinge in 7 ausgewählten Punkte thematisieren.

 

Punkt 1: Rahmenbedingungen
Der Haushalt ist nur so gut, wie die Rahmenbedingungen es zulassen, und für die sind Bund und Land zuständig. Letztlich wird die Kommune ausschließlich über Zuweisungsschlüssel und Umlagen, finanziert, die zuerst aus der Stadt in den Landestopf gehen – und dann später mal mehr, mal weniger ins Stadtsäckel zurücklaufen.
Klar ist einerseits: aktuell haben alle Kommunen zu viele Aufgaben und zu viele Ausgaben, die von oben verordnet werden – ergo, weniger Haushaltsspielräume, weniger Platz für stadteigene Prioritäten.
Klar ist andererseits: die Umlagen und Schlüssel der Gemeindefinanzierung sind angesichts der aktuellen Herausforderungen (z.B. bei Themen wie: Bildung & Betreuung, Umwelt & Klimaschutz, Migration & Asyl) schlicht und einfach zu gering – und wohl auch zu überholt, denn die grundlegenden Zuweisungsschlüssel stammen im Kern aus den 70ern (sind also 50 Jahre alt). All die eben erwähnten Themen sind Bundes- oder Landesthemen. Wichtige Themen, keine Frage, aber sie werden nach unten durchgedrückt: oben beschlossen – übrigens in keinem Fall mit ausreichender bzw. deckender Finanzierung.

 

Punkt 2: Steuern und Gebühren der Kommune
Natürlich kann die Stadt ihre Einnahmen etwas – nicht existenziell – aber etwas steuern, nämlich über Grund- und Gewerbesteuer. Aber angesichts der Inflation, der Abgabenlast, der Energiekosten hauen wir als SPD einen Pflock ein: keine weiteren Grund- oder Gewerbsteuererhöhungen. Punkt.
Ein weiterer Punkt zu den Rahmenbedingungen hat mit ebenfalls den steigenden Preisen zu tun. Aktuell erleben wir, dass in allen Bereichen Preise steigen und Gebühren steigen. Wir haben zurückliegende Gebühreneröhungen teilweise mitgetragen. Aber jetzt ist Schluss. Keine weitere Gebührenerhöhung mit uns als SPD. – Insbesondere, und das haben wir auf einer der letzten Gemeinderatsitzungen knapp geschafft: keine Gebührenerhöhung für KiTa oder KiGa (in städtischer Trägerschaft – letztlich auch in den anderen Einrichtungen).

 

Punkt 3: Personal – oder anders: unsere Anpacker
Wie bereits erwähnt, muss die Kommune viele Aufgaben stemmen – was ich vergessen habe vorhin, auch das stemmt die Stadt personell: in der Stadtverwaltung läuft die Koordination zum Radschnellweg Heidelberg-Schwetzingen, weil das Land mit seinem eigentlich zuständigen Regierungspräsidium Karlsruhe das Projekt aus Personal-, Kompetenz- oder was-weiß-ich-für Gründe, es nicht hinbekommt. Das machen wir also auch noch…
Wir brauchen also bei den durch Bund und Land vorordneten Themen Bildung & Betreuung, Umwelt & Klimaschutz sowie Migration & Asyl Menschen, die das umsetzen, die das vor Ort wuppen. Wir brauchen aber auch bei städtischen Themen wie Versorgung, Entsorgung, Wasser, Energie, Verkehrssicherung, Verkehrsplanung, Stadtplanung, Ordnung, Bauen, … etc. ebenfalls Menschen, die das umsetzen. Daher plädieren wir – übrigens ebenfalls nicht erst seit gestern für eine stark und mit ausreichend Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ausgestattete und flexible Verwaltung, die auch anlaufende Spitzen abfangen kann – optimalerweise digitalisiert,, nämlich dort,  wo es Entlastung bringt.

 

Punkt 4: aktuelle und Zukunftsprojekte
Priorität Nummer 1 ist und bleibt für uns die Bildung vor Ort. Das Land macht seinen Job nicht, lässt die Kommunen allein. Am Ende sind Familien und dann eben (um nicht zu sagen: wie immer) die Kinder und danach eben auch unsere Gesellschaft, die auf diese Zukunft unserer Kinder baut, die „Gelackmeierten“. Wir wollen in Schwetzingen dagegensetzen. Und das heißt: modernere, zukunftsgerechte Schulen, mehr qualifizierten Ganztag, statt nur Betreuung, mitunter auch mehr Personal. Und es war der Gemeinderat – nicht etwa die Verwaltung – der hier proaktiv war: im Mai wurde die Grundsatzentscheidung zur Zeyhergrundschule getroffen, die zu einer qualifizierten Ganztagesschule weiterentwickelt werden soll – dazu und hierfür stehen wir als SPD – und vor allem auch ich ganz persönlich. Mit der Zeyherschule ist es aber nicht getan, auch die anderen Grundschulen müssen in gemeinsamen Anstrengungen aus Stadt und den jeweiligen Schulen vorangebracht werden, auch baulich.
Ein anderes Projekt, für das schon konkrete Gelder eingestellt sind: Rothackersches Haus: Im Grundsatz „Ja“ Rothackersches Haus, aber mit einem „aber“: die Weiterentwicklung des Rothackerschen Hauses ist weiterhin in der Diskussion, kritisiert wird eine zu Hohe Invesitionssumme. Die ist hoch. Das ist so. Allerdings bedient das Projekt mehrere Funktionen:

  1. Erweiterungsräume für die Verwaltung (Kulturamt)
  2. Räume für die Tourist-Info
  3. Ausstellungs- und Depotflächen für die städtischen Sammlungen (sprich: Museum)
  4. Sanierung eines denkmalgeschützten Gebäudes im Besitz der Stadt

Alle vier Kernbereiche sind Bereiche in denen die Stadt tätig werden muss, ansonsten muss jeder, der das Projekt kritisiert, Lösungen suchen für folgende Fragstellungen:

  1. Wohin mit der expandierenden Verwaltung? Noch weitere 3 Häuser für Räume anmieten? Oder woanders nochmal anbauen?
  2. Soll auch für die Tourist-Info an deren aktuellen Ort weiter Miete gezahlt werden?
  3.  Wohin mit den städtischen Sammlungen und musealen Objekten, die es bereits jetzt gibt? Verschenken? Verleihen? Verkaufen? Ab ins Depot ohne Museumsfunktion? Stadtgeschichte adé? -
  4. Und was passiert dann mit dem Rothackerschen Haus, dessen Sanierung auch ohne Verwaltungsfunktion vorneweg zwischen 3 und 6 Millionen kostet? Fällt das zusammen? Lässt man das vergammeln? Sollmas für einen Euro verkaufen?

Wir haben auf diese Fragen aktuell keine Antwort, verstehe aber, dass man sich beim Rothackerschen Haus – für das nun ja in 2024 auch Geld eingepreist ist – über weitere Einsparungen unterhalten möchte. Die Frage, ob die Keller als Nutzräume oder als Depot einen Aufzugszugang brauchen, oder das Dachgeschoss ausgebaut werden muss, oder die Erweiterungsteile so groß wie geplant umgesetzt werden sollten … klar: Zusammensetzen, nochmal mim Rotstift ran. Aber an die Themen Langfristige Räume Tourist-Info und Kulturamt, städtische Sammlung und Sanierung des Hauses kommen wir nicht drum rum.

Weiterer Posten im Bauprogramm, wenn auch nicht so populär: Kanalarbeiten, Klärwerkerneuerung und -erweiterung, grundsätzlich Infrastruktur. Sieht man oft nicht, aber letztlich ist das Unterirdische erst die Grundlage für alles Oberirdische, was man sieht. Hier sparen wäre fatal!

 

Punkt 5: andere und sonstige Themenfelder
Naturschutz, Klimaschutz, Beratung, Katastrophenschutz, Zivilschutz, Feuerwehr, Versorgung, Entsorgung, Wasser, Energie – gerne erneuerbare, Verkehrssicherung, Verkehrsplanung, Stadtplanung, Konversion, Bahn und Bahnhaltepunkte, ÖPNV, Ordnung, Meldewesen, Digitale Stadtverwaltung, Gutachterausschuss, Bauen, Spielplätze, Baumbestand, Wohnen (irgendwie zumindest angehen), Kultur, Freizeit, Feste, Sport, Stadion, Vereine, Kirchen, Veranstaltungsstätten, Musikschule, Brandschutz hier und da … auch hier: keine Garantie auf Vollständigkeit.

 

Punkt 6: Kosten!
Natürlich müssen wir angesichts aller Aufgaben und Projekte, die die Stadt finanzieren muss, will und auch prinzipiell kann, schauen, wo das Geld herkommt.
Mehr Einnahmen über Gebühren oder Steuern wollen wir nicht, können wir nicht, kriegen wir nicht. Bleibt also, an anderer Stelle zu sparen und wirklich zu schauen und uns am Ratstisch zu fragen: was ist uns denn eigentlich wichtig?
Und es gibt ja – durchgängig im Haushalt durchaus Positionen, an die man herangehen könnte und die unter die Lupe genommen werden sollten. Dann müsste auch der Benefit für die Schwetzinger Bürgerinnen und Bürger im Mittelpunkt stehen, beispielsweise gibt es Positionen mit jeweils 6-stelligen Summen, an denen man drehen kann und eigentlich muss, wenn man die Finanzlast der Zukunft tragen will. Wir sind bereit, über alles zu reden (außer natürlich über Bildungsqualität).

  • Vieles – und dazu zählen auch große Veranstaltungen, wie das Mozartfest, Weihnachtsmarkt wird komplett durch die Stadt aufgesetzt und finanziert? Geht das kleiner? Geht das noch günstiger? Muss das so sein (auch finanziell) so große sein wie jetzt?
  • Ja, auch bei Bauprojekten, ich habe vorhin das Rothackersches Haus angeführt: wo kann man ran? Was kann man runterzoomen, wo ist hier noch etwas rauszuholen?
  • Wir haben als Gemeinderäte zuletzt durch die Kämmerei eine veritable Liste an Dingen vorgelegt bekommen, die die Stadt finanziert und sich „gönnt“ (die sogenannten freiwilligen Leistungen) – diese ist unseres Erachtens noch nicht ganz vollständig. Aber wir regen an, uns ziemlich zügig und auch angesichts bevorstehender Projekte und Aufgaben schleunigst im neuen Jahr zu einer Haushaltsklausur für die mittelfristige und langfristige Planung zurechtzulegen. Wir signalisieren (auch den anderen Fraktionen): wir haben ja einiges vor uns. Das muss finanziert werden. Lasst uns besprechen, wie das am besten geht!

 

Punkt 7: Transparenz, Vertrauen, Nachvollziehbarkeit
Zentrale Punkte, bei denen Teile der Fraktion (vor allem ich persönlich) massive Probleme sehen, ist die komplexe Struktur des doppischen Haushalts. Dies beeinträchtigt die Transparenz und damit die demokratische Kontrollfunktion, die wir eigentlich als Gemeinderat haben.
Für ehrenamtliche, nicht mit der Materie eingelernte und geübte Mandatsträger (aber auch für studierte Betrebswirte) ist eine fundierte Nachvollziehbarkeit des Haushalts praktisch und faktisch nicht leistbar.
Natürlich gibt es immer Punkte, wenn man dieses Werk durchliest, an denen man hängen bleibt, an denen man Fragen hat, das ist auch gut, aber wenn man diese knapp 700 Seiten bekommt und eigentlich für jede eine Erklärung durch die Kämmerei braucht, dann ist die demokratische Kontrollfunktion faktisch nicht zu erfüllen. Das System ehrenamtlicher Gemeinderäte, die über Haushalt entscheiden MÜSSEN, KÖNNEN das nicht erfüllen. – Und ich weiß, dass ich mit dieser Meinung hier am Ratstisch fraktionsübergreifend nicht alleine bin.
Bei den faktischen Kosten einer Begrünungsmaßnahme muss geprüft werden, ob diese als Investition, Unterhaltung der Stadtgärtnerei oder aber als Maßnahme innerhalb des Produkts „Straßenbegleitgrün“ hinterlegt ist oder aber von allem ein bisschen. Wenn ich bei einer Maßnahme, die ansteht, nicht weiß, wie hoch die Kosten am Ende tatsächlich sind und auch wofür, dann kann ich die Kontrollfunktion, die ich als Gemeinderat einnehmen soll, nicht erfüllen.
Das alles liegt nur zweitrangig an der Stadtverwaltung, in erster Linie ist die neue doppische Haushaltsführung ein Produkt der Landesbürokratie, die eben nicht auf demokratische Praktikabilität ausgerichtet ist. Die verordnete Haushaltsdarstellung ist ein Paradebeispiel an Bürokratismus, der in Teilen der demokratischen Kontrollfunktion zuwiderläuft.
Und aus diesen Gründen kann ich dieses Jahr nicht über meinen Schatten springen, auch wenn ich noch so sehr Vertrauen in die Kämmerei (Danke an Frau Nagel und Team) und das grundsätzlich Gute in der Stadtspitze und -verwaltung habe – kann ich dem Haushalt mangels Transparenz nicht zustimmen. Aber soll ich einen guten Haushalt ablehnen? Soll ich mit einer Ablehnung signalisieren, dass mir am liebsten eine Haushaltssperre im nächsten Jahr wäre – denn das wäre in der Konsequenz die Folge, wenn die Mehrheit einer solchen Meinung folgen würde. Aber auch das kann man angesichts der Herausforderungen nicht ernsthaft wollen. Ich gestehe: ich befinde mich hier in einem Dilemma, dass aber die „Erfinder“ der Demokratie zum gelöst haben. Für genau solche Dilemmata, in denen die Entscheider weder Zustimmung noch Ablehnung, also weder „schwarz noch weiß“ mit sich vereinbaren können, nehme ich den Weg der Enthaltung. Ich bin dann wieder dabei, wenn die konkreten Entscheidungen per Beschluss gefasst werden müssen – und das ist ja zum Glück ohnehin so.

Die SPD-Fraktion wird mehrheitlich zustimmen.

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