Interview mit der SPD-Fraktionsvorsitzenden Kerstin Nötting

Veröffentlicht am 30.01.2008 in Presseecho

Noch vor einem Jahr waren die Lager in der Lokalpolitik geteilt. Die einen glaubten an das Ende der Welt, die anderen hofften auf eine neue Ära. In einer Interview-Serie fragen wir die Fraktionsvorsitzenden im Gemeinderat nach dem ersten Amtsjahr unter OB Bernd Junker und die eigenen politischen Ziele im Hinblick auf die Kommunalwahlen 2009. Heute sind wir mit Kerstin Nötting (SPD) im Gespräch, die seit 30 Jahren im Gemeinderat ist.

Wie hat sich denn Bernd Junker in seinem neuen Amt gemacht?

Kerstin Nötting: Am Anfang war alles sehr holprig, aber das ist ja eigentlich klar, wenn man mit über 50 Jahren einen völlig neuen Beruf beginnt. Inzwischen zeigt Bernd Junker, dass er bereit und willig ist, seinen Job ordentlich zu machen. Sie müssen ja auch bedenken, dass neben dem OB-Posten fast gleichzeitig auch der Bürgermeister ausgewechselt wurde. Mit Stefan Dallinger ist ein erfahrener Mann weggegangen, der sich sehr gut in Schwetzingen und in der Verwaltungsarbeit auskannte. Jetzt waren plötzlich zwei Neue an der Stadtspitze, das war für beide hart. Herr Junker hat inzwischen gemerkt, dass es ein Unterschied ist, ob man als Gemeinderat Forderungen stellt oder ob man verantwortlich dafür ist, die Forderungen zu verwirklichen.

Welches war die bisher beste Entscheidung der neuen Ära?

Nötting: Bei der Kinderbetreuung sind wir jetzt endlich auf dem richtigen Weg. Die SPD hatte schon 1972 die Forderung nach Hortbetreuung gestellt und wurde dafür ausgelacht. Heute sieht man ein, wie wichtig das schon damals gewesen wäre. Unserer Ansicht nach muss auch die Umgestaltung des Schlossplatzes sehr schnell umgesetzt werden. Das Bild, das die Bäume dort abgeben, ist doch traurig. Das können wir doch nicht wollen. Der Umbau sollte noch 2008 beginnen, damit wir zur möglichen Ernennung zum UNESCO-Weltkulturerbe fertig sind.

Ob Junker macht dies ja gerne von der Lösung der Verkehrsproblematik abhängig . . .

Nötting: Das sehe ich nicht so. Die von ihm propagierte Osttangente ist zum heutigen Zeitpunkt eine Schnapsidee. Sie ist viel zu teuer für die Zahl der Autos, die sie abziehen könnte. Zudem verlagert sie Verkehr auf Zufahrten, an denen viel mehr Menschen wohnen, als dies am Schlossplatz der Fall ist, beispielsweise in die Mühlen- und Werderstraße, an den neuen Messplatz oder das Süba-Baugebiet. Die Idee hatte einen gewissen Charme, als wir befürchten mussten, dass die B 535 als Umfahrung nicht gebaut wird. Aber jetzt ist sie zu teuer und bringt zu wenig. Wir sollten erst mal abwarten, was die Fertigstellung der B 535 bringt. In Sachen Schwerlastverkehr spüren wir doch heute schon eine deutliche Entlastung. Wenn jetzt noch die B 36 aus der Stadt herausverlegt werden könnte, dann könnten wir sogar an Lkw-Durchfahrtsverbote denken.

Wo sieht die SPD-Fraktion die großen Zukunftsthemen für die Stadt?

Nötting: In der Entwicklung des ehemaligen Bundesbahn-Ausbesserungswerkes, vor allem aber in den wohl bald leerstehenden Kasernen.

Im Ausbesserungswerk hätte die Fa. Vögele angesiedelt werden können . . .

Nötting: Wir müssen uns sicherlich selbstkritisch die Frage stellen, warum wir nicht längst zusätzlich zum dortigen Areal das nebenan liegende Gewann, das schon unter Bürgermeister Waibel dafür vorgesehen war, mit einem Flächennutzungsplan versehen haben. Dann wären wir ein guter Kandidat für Vögele gewesen. So hätte eine Erschließung zu lange gedauert. Man kann eigentlich niemand die Schuld daran geben.

Und die Kasernen?

Nötting: Es ist nicht richtig , dass wir hier nicht längst für die Zukunft planen. Wenn die Amerikaner abziehen, kann alles schnell gehen und es wäre schade, wenn Jahre vergehen und eine hässliche Brache entsteht. Die Panzerkaserne bietet städtebaulich tolle Chancen. Appartement-Wohnanlagen mit Gemeinschaftsplätzen nach amerikanischem Vorbild wären hier möglich, modernes Wohnen in der Metropolregion.

Welche Schwerpunkte will die SPD außerdem im Kommunalwahlkampf 2009 setzen?

Nötting: Ich sehe im sozialen Bereich Ansatzpunkte. Schwetzingen hat eine hohe Wohnqualität in der Innenstadt erreicht. Die dürfen wir uns nicht durch Sicherheitsfragen in Bezug auf Gruppen junger Leute zunichte machen lassen. Wir fordern seit Jahren einen Streetworker, der sich genau diesem Thema annimmt und verstehen nicht, warum dies nicht aufgegriffen wird. Wir hoffen da auf den neuen Amtsleiter, der ja gerade ausgeschrieben ist. An ihn könnten sich die leute wenden, sie müssten sich dann nicht mit der überlasteten Polizei oder den Jugendlichen selbst herumschlagen. Übrigens setzen wir als SPD uns auch das Ziel, mit jungen Kandidaten in die Gemeinderatswahl zu starten. Wir brauchen eine Verjüngung.

Was halten Sie von den Plänen in Sachen Stadtmarketing?

Nötting: Schwetzingen ist nicht Nagold. Wir sollten also vermeiden, ein Modell unkritisch zu übernehmen. Es braucht starke Partner. Die Stadt Schwetzingen ist nicht alleine in der Lage, Menschen hierher zu bringen. Die Geschäftswelt muss sich neu organisieren und ihren Part übernehmen. Und es gibt hier nicht nur die Mannheimer und die Dreikönigstraße, es braucht die ganze Innenstadt. Das im Mai geplante Stadtfest halte ich für eine gute Idee, es sollte aber gleichzeitig auf kleinere Veranstaltungen verzichtet werden, damit die Menschen, die in der Innenstadt wohnen, nicht überstrapaziert werden.

Sehen sich die Sozialdemokraten eigentlich als Oppositionspartei im Rat?

Nötting: Eine gute Frage, die ich beim ehemaligen OB Kappenstein klar mit ja beantwortet hätte. Obwohl wir Bernd Junker nicht unterstützen konnten, weil er damals aus unserer Sicht die Qualifikation für dieses Amt nicht mitgebracht hatte und seine Fraktion grundsätzlich gegen alles war, sind seine Vorschläge heute oft unterstützenswert für uns. Vielleicht könnte man sagen, dass wir uns im kritischen Dialog mit der Stadtspitze sehen, nicht in der puren Opposition.

Jürgen Gruler, Schwetzinger Zeitung

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